Hauskatzen und Artenschutz
Stubentiger oder Raubtier?
Bereits die alten Ägypter hatten die afrikanische Falbkatze gezähmt, um ihre Nahrungsvorräte vor Mäusen und Ratten zu schützen. Auch unsere Hauskatzen stammen von der Falbkatze ab. Hauskatzen tragen noch immer viel von ihren Vorfahren in sich. So haben sie ihren Jagdtrieb bis heute nicht verloren.
In Europa und in weiten Teilen Nordamerikas sind Katzen die häufigsten Beutegreifer. Dürfen sie ins Freie, jagen sie auch. Dabei durchstreifen sie ein Revier, das sich mit den Territorien anderer Katzen überlappt. Vor allem in siedlungsnahen Lebensräumen kann der Prädationsdruck durch Hauskatzen auf die wildlebende Tierwelt ganz erheblich sein.
Raubtier Katze
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Alle Katzen jagen – egal wie gut sie gefüttert werden. Hauskatzen spielen oft mit ihren Beutetieren und töten sie nicht sofort durch einen Nackenbiss. Bei Wildkatzen tritt dieses Verhalten nur in sehr seltenen Ausnahmefällen auf. |
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Der Mensch bestimmt die Hauskatzendichte. Durch die Fütterung wird der natürliche Regelmechanismus zwischen Räuber und Beute ausgeschaltet. Anders als Wildtiere müssen sie Katzen als Haustiere nicht den harten Bedingungen in der freien Natur stellen. Im Siedlungsraum kann die Zahl der Katzen ein Vielfaches der natürlichen Räuberdichte betragen. In Großbritannien umfasst der Hauskatzenbestand geschätzte neun Millionen Tiere, das sind 38 mal mehr Katzen als Füchse (=> [1]). Auch in Deutschland wird der Bestand an Hauskatzen auf nahezu acht Millionen geschätzt. |
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Zu den Beutetieren der Katze zählen vor allem Kleinsäuger und Vögel. Ihr Beutespektrum reicht aber von Großinsekten, beispielsweise Libellen oder Heuschrecken, über Amphibien bis hin zu Reptilien. Selbst Goldfische im Gartenteich sind vor manchen Katzen nicht sicher. Es gibt regelrechte Spezialisten, die beispielsweise vor allem Blindschleichen oder Wasserfrösche fangen. |
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Allein aufgrund der enormen Zahl der Katzen – in Bristol in England wurde eine Dichte von 229 Katzen/km² ermittelt (=> [2]) – ist mit großen Verlusten unter Wildtieren zu rechnen. In Großbritannien wurden Fragebögen an über 600 Haushalte verteilt, in denen die Beutetiere festgehalten wurden, die von fast tausend Katzen nach Hause gebracht wurden. Insgesamt wurden im Zeitraum von April bis August über 14.000 Kleintiere gezählt, nicht berücksichtigt sind dabei unterwegs gefressene oder liegen gelassene Beutetiere. Selbst wenn nur die Hälfte der 9 Millionen Katzen in Großbritannien regelmäßig ins Freie gelassen wird und ähnlich erfolgreich jagt, bedeutet das eine Größenordnung von mehreren Zehnmillionen getöteten Beutetieren innerhalb von 5 Monaten (=> [1]). Eine aktuelle Untersuchung aus den Vereinigten Staaten ergab, dass freilebende Katzen zwischen 1,4 und 3,7 Milliarden Vögel und 6,9 bis 20,7 Milliarden Säugetiere jährlich töten und damit möglicherweise den größten Gefährdungsfaktor für diese Gruppen darstellen (=> [3]). Diese Problematik wird von Katzenbesitzern jedoch häufig nicht wahrgenommen bzw als irrelevant abgetan (=> [4]). |
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Auf Inseln haben eingeschleppte Hauskatzen manche Tierarten ausgerottet (=> [5]). Betroffen sind vor allem am Boden brütende Vogelarten - wie zB der flugunfähige Stephenschlüpfer, der Ende des 19. Jahrhunderts durch eingeführte Katzen auf der neuseeländischen Insel Stephans Island ausgestorben ist. Nicht umsonst steht die Hauskatze auf der Liste der 100 invasiven Arten weltweit (=> [6]).
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In Mitteleuropa erbeuten Katzen meist häufige Arten wie junge Meisen, Amseln und Spatzen kurz nach dem Flüggewerden. Großräumig betrachtet sind diese Vogelarten durch Katzen sicherlich nicht bedroht. Schwerwiegender ist die Zerstörung der Lebensräume. Dennoch können Katzen zumindest lokal zum Verschwinden von Tierarten beitragen. So haben beispielsweise Zauneidechsen bei hoher Katzendichte kaum eine Chance. Besonders kritisch ist, wenn Katzen in ökologisch sensiblen Lebensräumen am Siedlungsrand auf Jagd gehen und zB die Bestände von Feldlerchen dezimieren. Selbst junge Wachtelkönige wurden schon Opfer von Hauskatzen. |
Was tun?
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Eine Katze sollte nur anschaffen, wer genügend Zeit hat und Platz bieten kann. |
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Katzen sollten kastriert und sterilisiert werden, um einer unkontrollierten Vermehrung vorzubeugen. |
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Niemals Katzen aussetzen; dies ist auch aus Gründen des Tierschutzes abzulehnen. |
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Es hilft wenig, die Katze in der Nacht nicht ins Freie zu lassen – dadurch verschiebt sich lediglich das Beutespektrum. Nur dauerhaft eingesperrte Katzen lassen sich vom Jagen abhalten. Zumindest kann in Betracht gezogen werden, Katzen während besonders sensibler Phasen, beispielsweise in der späten Brutzeit, für einige Zeit nicht nach draußen zu lassen. | |
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Ein Glöckchen um den Hals der Katze reduziert die Zahl erfolgreicher Beutezüge nicht zwangsläufig. Viele Katzen sind auch mit Glöckchen sehr gute Jäger. Zudem ist nicht bekannt, welche Auswirkungen das permanente Klingeln auf die sensiblen Katzenohren hat. Im Großbritannien wurde ein elektronischer Piepser entwickelt, der Beutetiere rechtzeitig warnen sollen (=> [7], [8]). |
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Einmal von Katzen erbeutete Tiere haben nur eine geringe Überlebenschance, auch wenn sie äußerlich unverletzt sind. Die Überlebensrate bei Eichhörnchen und Nagern beträgt etwa 20 % und sinkt bei erbeuteten Vögeln auf nahezu Null. Es ist also meist zwecklos, noch lebende Beutetiere freizulassen (=> [9]).
=> mehr zum Thema Tierfindlinge |
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Wichtig sind naturnahe und strukturreiche Gärten mit zahlreichen katzensicheren Versteck- und Brutmöglichkeiten für verschiedenste Wildtiere.
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Vogelfutterstellen für den Winter oder Vogeltränken sind an möglichst übersichtlichen Standorten anzubringen, eventuell freihängend oder auf einem 1,5m hohen glatten Pfosten.
=> mehr zum Thema Vögel am Futterhaus |
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Nisthilfen müssen katzensicher montiert werden, zB freihängend auf äußeren Ästen. Nistkästen sollten steile und glatte Dächer aufweisen, auf denen Katzen keinen Halt finden.
=> mehr zum Thema Nisthilfen |
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Vogelnistplätze sind zu schützen. Eine Manschette aus Blech, Plastik oder ein Stachelring aus Draht um den Stamm erschwert das Hochklettern. |
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Gartenteiche und Reptilienlebensräume im Garten sind nur schwer zu schützen. Von Trockenmauern können Katzen durch ein nicht zu weitmaschiges Gitter ferngehalten werden, das in einer Entfernung von 5 bis 10 cm aufgespannt wird. Auch elektrisch geladene Gitterzäune, wie sie für Schafe verwendet werden, halten Katzen ab. Weil diese Zäune aber andere Tiere gefährden, vor allem Igel, sind elektrisch geladene Drähte, die etwa 20 cm über dem Boden gespannt werden, zu bevorzugen. Ein sensorgesteuerter Wassersprenger (zB ScareCrow) vertreibt Katzen, auch Systeme die mittels Ultraschall funktionieren, sind erhältlich (Catwatch => [10]).
=> mehr zum Thema Reptilien schützen |
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In Sandkästen ist Katzenkot zwar kein Naturschutzproblem, dafür aber hygienisch bedenklich. Es besteht die Gefahr der Übertragung von Würmern auf spielende Kinder. Sandkästen sollten daher abgedeckt werden. Katzen sind in unseren Breiten zudem der Hauptwirt für Toxoplasma gondii, einem einzelligen Parasiten. Infizierte Katzen scheiden Toxoplasmen-Eier mit dem Kot aus. Diese können durch Kontakt mit Kot, über kontaminiertes Erdreich bzw darin gezogenem Salat oder Gemüse sowie über nicht vollständig gegartes Fleisch von Nutztieren, deren Futter mit Katzenkot verunreinigt wurde, auf den Menschen übertragen werden. Toxoplasmose gilt für gesunde Kinder und Erwachsene als harmlos und ist nur bei Frauen, die sich in der Schwangerschaft erstmalig infizieren, für das ungeborene Kind kritisch. Es gibt allerdings auch Studien, die zum Schluss kommen, dass eine Infektion mit Toxoplasmose das Risiko für Schizophrenie erhöht (=> [11]). |
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Beete lassen sich durch abgeschnittene Brombeerranken oder ein Kompostgitter, das flach auf das Beet gelegt wird, schützen. Auch regelmäßig ausgebrachter Kaffeesatz soll Katzen abhalten. |
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mehr zum Thema Natur im Garten |
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Allgemeine Unterlagen / Links
P. Lüps (2003): Hauskatze und Vogelwelt, ein Dauerthema rund um Biologie, Emotionen und Geld. Der Ornithologischer Beobachter 100 (4): 281-292
C. Kistler, S. Gloor, & B. Tschanz (2013): Hauskatzen und Wildtiere im städtischen Umfeld. Übersicht über die aktuelle wissenschaftliche Literatur. SWILD, Zürich im Auftrag des Zürcher Tierschutzes, Zürich, 41 S.,
Download pdf (5.438 kb)
D. Lingenhöhl (2015): Schaden Katzen unserer Vogelwelt?,
www.spektrum.de
M. Rudin (1998): Katzen und Vögel. Merkblätter für die Vogelschutzpraxis. Schweizer Vogelschutz SVS – Birdlife Schweiz
& Schweizerische Vogelwarte,
Download pdf (35 kb)
S. Meyer (2010): Stichwort Katzen- und Hunde-Schreck. öko-forum Stadt Luzern, 7 S.,
Download pdf (603 kb)
Schweizer Tierschutz STS (2014): Katze und Nachbarn. STS-Merkblatt, Basel, 4 S.
Download pdf (482 kb)
J. S. Coleman, S. A. Temple & S. R. Craven (1997): Cats and Wildlife. A Conservation Dilemma. University of Wisconsin,
Download pdf (108 kb)
B. Kalz (2001): Populationsbiologie, Raumnutzung und Verhalten verwilderter Hauskatzen und der Effekt von Maßnahmen zur Reproduktionskontrolle. Disseration Humbolt-Universität Berlin, 138 S.,
Download pdf (131 kb)
Labor für klinische Diagnostik GmbH & Co.KG (2007): Die Katze als Zoonoserisiko? Laboklin aktuell 09/2007, 4 S.
Themenbezogene Unterlagen / Links
[1] M. Woods, R. A. McDonald & S. Harris (2003): Predation of wildlife by domestic cats Felis catus in Great Britain. Mammal Review 33 (2): 174-188,
Download pdf (154 kb)
[2] P. J. Baker, A. J. Bentley, R. J. Ansell & S. Harris (2005): Impact of predation by domestic cats Felis catus in an urban area. Mammal Review 35 (3-4): 302-312
[3] S. R. Loss, T. Will & P. P. Marra (2013): The impact of free-ranging domestic cats on wildlife of the United States. Nature Communications 4 (1396): 7 S.,
Download pdf (297 kb)
[4] J. L. McDonald, M. Maclean, M. R. Evans & D. J. Hodgson (2015): Reconciling actual and perceived rates of predation by domestic cats. Ecology and Evolution 5 (14): 2745-2753,
Download pdf (154 kb)
[5] F. M. Medina, E. Bonnaud, E. Vidal, B. R. Tershy, E. S. Zavaleta, C. J. Donlan, B. S. Keitt, M. Le Corre, S. V. Horwath & M. Nogales (2011): A global review of the impacts of invasive cats on island endangered vertebrates. Global Change Biology 17 (11): 3503–3510,
Download pdf (221 kb)
[6] S. Lowe, M. Browne, S. Boudjelas & M. De Poorter (2000): 100 of the World’s Worst Invasive Alien Species. A selection from the Global Invasive Species Database. The Invasive Species Specialist Group (ISSG) of the Species Survival Commission (SSC) of the World Conservation Union (IUCN), 12 S.,
Download pdf (601 kb)
[7] N. A. Clark & N. H. K Burton (1998): A pilot field trial into the effectiveness of the CatAlert TM collar at reducing predation by domestic cats. BTO Research Report 213, British Trust for Ornithology, Norfolk, 10 S.,
Download pdf (246 kb)
[8] S. H. Nelson, A. D. Evans & R. B. Bradbury (2005): The efficacy of collar-mounted devices in reducing the rate of predation of wildlife by domestic cats. Applied Animal Behaviour Science 94 (3-4): 273–285
[9] E. Waiblinger (2005): Merkblatt Lebensraum für einheimische Tiere – mit Schutz vor Katzen. Katzen Magazin,
Download pdf (1.477 kb)
[10] S. H. Nelson, A. D. Evans & R. B. Bradbury (2006): The efficacy of an ultrasonic cat deterrent. Applied Animal Behaviour Science 96 (1-2) 83–91
[11] K. Sølvsten Burgdorf, B. Trabjerg, M. Giørtz Pedersen, J. Nissen, K. Banasik, O. Birger Pedersen, E. Sørensen, K. René Nielsen, M. Hørup Larsen, C. Erikstrup, P. Bruun-Rasmussen, D. Westergaard, L. Wegner Thørner, H. Hjalgrim, H.Martina Paarup, S. Brunak, C. B. Pedersen, E. Fuller Torrey, T.Werge, P. Bo Mortensen, R. Yolken & H. Ullum, H. (2019) Large-scale study of Toxoplasma and Cytomegalovirus shows an association between infection and serious psychiatric disorders. Brain, Behavior, and Immunity,
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